Die Welt der Pilze steckt voller Wunder und Mysterien. Die schönsten Exemplare hierzulande bringen die sogenannten Totentrompeten hervor. Sie wachsen auf abgestorbenen oder zerfallenden Laubresten direkt auf dem Boden. Ihr Erscheinungsbild ist so besonders, dass es keine schwerwiegende Verwechslungsgefahr mit anderen Pilzen gibt. Sie sind komplett schwarz bis grau gefärbt und ähneln in der Form einem Horn oder einer Trompete. Der Speisewert ist extrem hoch und vergleichbar mit Pfifferlingen.
Die Totentrompete zählt zur Gattung der Leistlinge, die weder Lamellen noch Röhren haben. Das Praktische am Sammeln der auch als Herbsttrompeten bezeichneten Pilze ist, dass sie büschelig auftreten und manchmal gleich zu Tausenden zu finden sind. Dort, wo die Totentrompeten gesammelt werden, werden sie im nächsten Jahr wieder wachsen. In Laubwäldern treten sie häufiger auf als in Nadelwäldern. Die Sammelzeit erstreckt sich von September bis Dezember, je nach Temperatur.
Da die Totentrompete ein symbolträchtiges Beispiel ist, möchte ich als erfahrener Pilzsammler auch auf die Mystik eingehen. Pilze sind Lehrmeister des Todes, der Unterwelt und der Dunkelheit. Wer sich vom Namen der Totentrompeten abschrecken lässt, wird jedoch schwer getäuscht. Denn ist es nicht gerade der Tod, der das Leben mehr symbolisiert, als irgendetwas anderes? Pilze vermitteln dies ganz besonders, da sie sich häufig von toter und kranker Materie ernähren, gleichzeitig aber für das Wachstum und zum Teil auch die Kommunikation anderer Pflanzen und natürlich der Bäume verantwortlich sind.
In ihrem Alltag sind viele Menschen mittlerweile so gehetzt, dass sie etwas so vermeintlich Unscheinbares wie die Pilze gar nicht wahrnehmen. Gerade die Totentrompeten lehren uns das mit Nachdruck. Man muss sehr achtsam und ruhigen Geistes sein, um sie zu sehen, da sie Meister der Tarnung sind und mit den Farben des Waldes komplett verschmelzen. Wenn wir aber achtsam durch den Wald streifen, ist es, als nähmen sie uns als Geschenk mit in die Welt der Zwerge und wir finden sie in Hülle und voller Pracht – auch dort, wo wir gerade noch vorbeigegangen sind, ohne sie zu sehen.
Für mich ist in den vergangenen Jahren eines sehr klar geworden: Pilze werden die Erde heilen und sie kommen mit jeglicher Zerstörung der Menschen klar. Sie lieben die Menschen und wollen uns reich beschenken und uns zu unserem wahren Wesen führen. Sie fordern allerdings einen gewissen Respekt, den wir als Menschen mitbringen müssen. Andernfalls rate ich vom Sammeln stark ab, da ihr Euch und der Umwelt dann nur schaden würdet.
In diesem Sinne möchte ich zum bewussten Pilze sammeln einladen und bedanke mich für Eure Aufmerksamkeit. Alles Liebe und bis bald im Wald,
Euer Johannes Guhr.
Sammeltipp:
Die Totentrompeten können zu Aberhunderten auf kleinstem Raum stehen. Selbst erfahrene Pilzsammler können Täuschungen aufsitzen, wenn sie nicht konzentriert sammeln oder die Pilze nur „abgrasen“. Das muss in diesem Fall nicht mit Magen-Darm-Verstimmungen, rauschartigen Zuständen oder gar dem Tode enden. Doch Achtsamkeit und Kenntnis des Pilzes, den man sammelt, sollten im Wald stete Begleiter sein. Die Graue Kraterelle sieht der Totentrompete nicht nur zum Verwechseln ähnlich, sie riecht auch so. Lediglich auf der Unterseite des Hutes erkennt man ihre grauen, dem Pfifferling ähnelnden Leisten. Die Graue Kraterelle ist ebenso genießbar wie die Totentrompete. Da sie aber sehr selten ist, darf sie gerne im Wald bleiben. Wenn ihr die Pilze übrigens in einem Körbchen sammelt, können eure Schätze des Waldes auf dem Heimweg atmen, ihre Sporen verteilen und neue Fruchtkörper bilden.
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