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Die Komfortzone

Wenn ich an Komfort denke, dann kommen mir Gefühle hoch, die ich schon in meiner Kindheit erlebt habe. Die warme Winterjacke, die mich bei Schnee und Kälte mollig warm gehalten hat, die warme Badewanne, in der ich meine ersten Tauchversuche machen konnte, die Fahrt in dem Citroen DS, der dem Vater eines Freundes gehörte. Ich versank in den weichen Polstern und das Auto fuhr, nein – es schwebte mit einer affenartigen Geschwindigkeit auf der holprigen Straße in das Nachbardorf und ich war wie entkoppelt von den unangenehmen Straßenverhältnissen – ganz im Gegensatz zum VW Käfer meines Vaters, der dort in jedes Schlagloch hineinfiel.


Komfort erzeugt Wohlgefühl, eine Form der Sicherheit. Man kann sich einfach fallen lassen und das Leben genießen. Komfort ist das Sinnbild für Wohlgefühl und Sicherheit und wer will das nicht in seinem Leben? Es gibt im Leben etwas das nennt sich Komfortzone. Sie besteht jedoch nicht aus einer Aneinanderreihung von behaglichen Erlebnissen sondern hat vor Allem eine Schutzfunktion. Sie soll vor den Unwägbarkeiten und den Unannehmlichkeiten des Lebens schützen, wie ein Schutzwall, der die Realität außen vor lassen kann und das eigene Weltbild vor den Tatsachen aus der Realität schützt. Überhaupt hat die Komfortzone sehr viel mit dem eigenen Weltbild zu tun. Alles was nicht zum eigenen Weltbild gehört bleibt außerhalb der Komfortzone. So wird sichergestellt, das man sich nicht mit möglicherweise unangenehmen Dingen auseinandersetzen muss. In guten und problemlosen Zeiten kann man sich innerhalb der Komfortzone ein sehr angenehmes Leben einrichten ohne all zu sehr mit den Unannehmlichkeiten des Lebens konfrontiert zu werden. Was ist jedoch, wenn die Zeiten unruhiger und unsicherer werden, wie es im Moment gerade der Fall ist? Die Realität zu ignorieren und sich am vorhandenen Weltbild festhalten zu wollen wird immer schwieriger, denn irgendwann wird die Realität auch in dein Leben einbrechen. Und wenn du die Realität ignorierst, dann ignoriert die Realität auch dich. Sie beherrscht dein Leben und treibt dich vor sich her, denn du siehst die Realität nicht und kannst sie somit auch nicht gestalten.


Im Grunde genommen ist unser Gesellschaftssystem darauf angelegt, die Menschen in ihrer eigenen Realität zu halten. „Leben sie – wir kümmern uns um die Details“ war viele Jahre lang der Werbeslogan einer Bankengruppe. Und was die Realität ist, wird den Menschen über die Medien relativ genau vordefiniert. Es wird ihnen das Bild einer Realität kreiert das ihnen als Abgleich und Filter für die eigene Wahrnehmung gelten soll. Was nicht in Fernsehen, Radio oder den einschlägigen Social-Media Kanälen vorkommt. gibt es nicht. So kann der Einzelne relativ lange in seiner Komfortzone verweilen. Warum verweilen denn die Menschen so gerne in ihrer Komfortzone? Unser Gehirn ist der Größte Einzelverbraucher für Energie in unserem Körper. Es verbraucht ca. 20% der zugeführten Energie unseres Körpers. Wenn Störimpulse von Außen kommen, die unser eigenes Weltbild und unsere Glaubenssätze angreifen, dann kommt es zu einer Erregung des Gehirns, was mit erhöhtem Energieverbrauch verbunden ist. Also versucht man mittels Verdrängung und kognitiver Dissonanz alles wieder herunter zu regulieren. Das geht so lange gut bis die Störimpulse zum Dauerfeuer werden und man Diese nicht mehr ignorieren kann. Dann wird man gezwungen auf diese Störimpulse zu reagieren und die Komfortzone zu verlassen. Oft ist es mit viel Schmerz und Angst verbunden, sich mit Themen auseinander zu setzen, die einem unangenehm sind und mit denen man noch keine Erfahrungen hat. Je nachdem wie man damit umgeht, kann man an diesen unangenehmen Themen zerbrechen oder es setzt ein Erkenntnisgewinn und somit ein Wachstum ein.


Ist es klug in seiner Komfortzone zu bleiben? Die Komfortzone kann für eine Weile durchaus eine schützende Funktion haben. Sie lässt einen ausruhen, die Zeit zur Reflektion in seinem eigenen Tempo und neue Energie tanken. Es sollte aber jedem Bewusst sein, das ein dauerhaftes Leben in der Komfortzone immer mindestens Stillstand, meistens jedoch Rückschritt bedeutet. Die Welt um uns herum dreht sich immer weiter und wer das nicht wahrnehmen will, der fällt immer mehr zurück. Überhaupt ist die Fähigkeit zur Wahrnehmung immens wichtig, wenn man seine Komfortzone verlassen will um sich ein erweitertes Bewusstsein zu erarbeiten. Wenn sich das Blickfeld weitet und man den medialen Tunnelblick verlässt. Wenn man realisiert, das es zu jedem Thema stets unterschiedliche Aspekte gibt, die sich auch gegenseitig widersprechen können. Wenn man in der Lage ist abzuwägen was sich für einen selbst als Richtig darstellt, denn Richtig und Falsch sind immer perspektivisch also rein subjektiv, je nachdem was man damit verbindet oder welche Werte man vertritt. Wenn du nicht mehr darauf achtest was Andere über dich denken, da du weißt das auch deren Urteil über dich, höchst subjektiv ist und in den seltensten Fällen der Realität entspricht. Wenn man das Risiko einer falschen Entscheidung in Kauf nimmt und in der Lage ist aus diesem Fehler zu lernen und seine Gedanken die Richtung wechseln lassen kann. Wenn man die Einflüsse von Außen auf seine Gedanken erkennen und neutralisieren kann und stattdessen auf die eigenen, inneren Gedanken und Gefühle hören kann. Wenn man genug innere Stärke hat um auch einmal Konflikte auszutragen und auszuhalten ohne in Kategorien Sieger und Verlierer zu denken sondern einfach nur seinen eigenen Standpunkt aufrecht darlegen kann, ganz gleich wie der Konflikt endet. Wenn man nicht mehr in Freund-Feind Kategorien denkt sondern die Unterschiedlichkeit der Menschen anerkennt. Wenn man erkennt was für einen hilfreich sein kann und einen Wachsen lässt und was einem auf der anderen Seite wie ein Parasit Energie entzieht und sich davor schützen kann. Dann... – ja was dann?


Wer so weit ist, hat sich so weit aus seiner Komfortzone entfernt, dass er sie nie wieder brauchen wird. Er hat so viel innere Stärke, Selbstbewusstsein und Erkenntnis aufgebaut, dass die Entwicklung nur noch in eine Richtung gehen kann – in Richtung selbstbewusstes und selbstbestimmtes Leben in dem man nicht mehr vom Außen bestimmt wird sondern eigenverantwortlich nach bestem Wissen und Gewissen sein Leben gestalten kann. Man lebt angstfrei und erfüllt und scheut sich auch nicht mehr Risiken einzugehen, denn jedes Risiko das man eingeht, führt wieder zu weiterem Wachstum. Jetzt überlege dir, wie tief du noch in deiner Komfortzone verhaftet bist. Es ist klar, das du nicht einfach einen großen Schritt machen kannst um diese Komfortzone zu verlassen, aber jeden Tag einen kleinen Schritt wagen, deinen Horizont Schritt für Schritt erweitern und deine Wahrnehmung zu schärfen, gibt dir ein immer mehr wachsendes Selbstvertrauen und letzten Endes auch die Freiheit deine eigenen Entscheidungen treffen zu können, hinter denen du auch stehen kannst und die dich weiter bringen. Die Komfortzone kann kurzzeitig ein sicherer Rückzugsort sein. Langfristig wird sie zu einem Gefängnis aus dem es immer schwerer wird wieder auszubrechen.

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